Was ist MCS?

MCS ist eine chronische körperliche Multisystemerkrankung. Es kommt zu schweren neuroimmunologischen Reaktionen auf Umweltschadstoffe. MCS wird durch Umweltgifte begünstigt bzw. aufrechterhalten. 

MCS zählt zu den chronisch-entzündlichen Multisystemerkrankungen und zu den Umwelterkrankungen.

Es sind 0,5% bis 9% der Gesamtbevölkerung in Deutschland in unterschiedlichem Schweregrad davon betroffen. Es gibt festgelegte Kriterien für die Diagnostik (1987, Cullen und 1999, Atlanta). Die Klassifizierung im ICD-10 erfolgt nach Vorgabe des BfArM durch den Code T78.4, der die Erkrankung gebündelt mit anderen Krankheitsbildern erfasst. Die Behandlung erfolgt durch die Fachdisziplin „Klinische Umweltmedizin“. 

Bei MCS wirken Kontakte mit kleinsten Spuren von chemischen Stoffen stark gesundheitsschädlich. Aufgenommene Schadstoffe können nur eingeschränkt entgiftet werden. Es liegen hier mehrere Krankheitsmechanismen zugrunde, z.B. Störungen in der Energiebereitstellung (Mitochondrien/ATP), Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen (chronische Entzündung) und genetische Polymorphismen (fehlende Entgiftungsenzyme). Ebenfalls spielt es eine Rolle, wie weit man im Laufe des Lebens bereits mit Umweltgiften in Kontakt gekommen ist. MCS ist heutzutage nicht heilbar, und die Therapie lautet: „Expositionen vermeiden“. 

Bei den genannten Stoffen handelt es sich vor allem um luftgetragene Stoffe wie Zigarettenrauch, Parfüm und andere Duftstoffe, die über die Atmung aufgenommen werden. Diese Stoffe schaden den Betroffenen bereits in minimaler Dosis auf schmerzhafte Weise. Sie werden allgegenwärtig in die Umgebung eingebracht, zum Beispiel durch Reste duftstoffhaltiger Waschmittel an der Kleidung von Mitmenschen. So kommt es im Laufe der Erkrankung zunehmend zu entsprechendem Leidensdruck und Isolation.  

Es können alle Systeme des Körpers betroffen sein, z.B. das Nerven- und Immunsystem oder das Herz-Kreislaufsystem, und es kommt zu entsprechend vielfältigen Beschwerden wie Fatigue, Brain Fog, Konzentrationsverlust, POTS, Nahrungs- und Medikamentenunverträglichkeit, Schmerzen bis hin zu Bettlägerigkeit und Verlust der Selbstfürsorge. Die Beschwerden sind für Außenstehende nicht-sichtbar, treten zeitverzögert auf und halten lang an. Diese luftgetragenen Stoffe in der Umgebungs- und Atemluft gefährden dementsprechend die Gesundheit und Sicherheit von Betroffenen. 

MCS-Betroffene sind auf ein aufgeklärtes Umfeld angewiesen, das den Eintrag von unverträglichen Stoffen in die Luft vermeidet und ihnen eine barrierefreie und sichere Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Sie brauchen eine schadstoffarme Umgebung und stoffliche Barrierefreiheit.
 

Wie sehen die Beschwerden aus

Jede Exposition mindert die Auslöseschwelle für kommende Expositionen und kann zu dauerhafter Zustandsverschlechterung führen.

  • Zustandsverschlechterung nach Exposition mit unverträglichen Stoffen, Crash
  • Brennschmerzen in den Atemwegen
  • Fatigue bis zur Bettlägerigkeit im abgedunkelten Raum.
  • Brain Fog
  • Herzrasen/POTS
    Posturales Tachykardie-Syndrom (POTS)
    Anstieg der Herzfrequenz ohne pathologischen Abfall des Blutdrucks in aufrechter Körperhaltung aufgrund von Fehlregulation der Nervensystems
  • Kognitive Störungen
    bis zur Unfähigkeit, ein Gespräch zu führen.
  • Störung von Konzentration, Merkfähigkeit, Denken.
  • Muskelschmerzen
  • Verlust der Selbstfürsorge

 

Welche Stoffe führen zu Beschwerden?

Luftgetragene Stoffe/Innenraumschadstoffe wie diese:

  • Schimmel (Hauswände, Blumenerde)
  • Holzschutzmittel (Dachstuhl, Holzhäuser, Gartenzäune, Terrassenmöbel)
  • Flammschutzmittel (Technische Geräte, Fernseher, Laptop etc., Möbel)
  • Formaldehyd (Möbel)
  • Benzin, Diesel (KFZ-Kraftstoff, Heizöl)
  • Chlor (Schwimmbad)
  • Weichmacher (Kunststoffprodukte, Parfüm, Dufftstoffhaltige Kosmetika)
  • Lösungsmittel (Druckerschwärze/Zeitungen, Farben, Lacke, Klebstoff)
  • PAK (in Verbrennungsabgasen, Zigarettenrauch, Kunststoffen)
  • Verbrennungsabgase (Autos, Schiffe, Heizungen, Rasenmäher, Kohlegrill)
  • Metalldämpfe (Amalganentfernung, Löten)
  • Terpene (Holzmöbel aus Nadelholz, Holzöl zur Versiegelung)
  • Zigarettenrauch am Mitmenschen
  • Parfüm/Duftstoffe am Mitmenschen, Duftkerzen, Müllbeutel, Katzenstreu)
  • Biozide am Mitmenschen, Pestizidabdrift, Insektizide, Müllbeutel)

 

Die wichtigsten MCS-Klassifikationskriterien nach Cullen, 1987

  • die Symptome wurden in Zusammenhang mit einer dokumentierten Umweltexposition erworben
  • die Symptome betreffen mehr als ein Organ
  • das Krankheitsbild ist chronisch
  • die Symptome erscheinen und verschwinden in Zusammenhang mit vorhersehbaren Stimuli
  • die Symptome werden durch Chemikalien unterschiedlicher Struktur und Wirkungsmechanismus hervorgerufen
  • die Exposition sehr niedriger Dosen führt zur Auslösung der Symptome
  • kein einzelner üblicher Organfunktionstest kann die Symptome erklären

 

MCS und Behinderung

UN-BRK: "Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können."
Wie ist MCS da einzuordnen? MCS ist eine unsichtbare, eine körperliche und eine umweltbedingte Beeinträchtigung. Die Barrieren, die Betroffene an der Teilhabe hindern, sind stofflicher Art und können - häufig, aber nicht immer - mit Hilfe der Sinne wahrgenommen werden.

Stoffliche Barrieren oft nicht als Barrieren erkannt - auch aufgrund der Übertragung einer eigenen, unproblematischen sinnlichen Wahrnehmung der Stoffe durch Umweltgesunde auf Umweltkranke. Häufig kommt es zu mittelbaren Beeinträchtigungen, weil es erwartet wird, dass Betroffene die gleiche Dosis an Schadstoffen tolerieren wie Umweltgesunde.

MCS ist eine körperliche Beeinträchtigung, bei der die Barriere nicht nur an der Teilhabe hindert, sondern auch selbst der Auslöser der Funktionsstörung ist. Zusätzlich kommt es zu einer Verstärkung der Beeinträchtigung durch die Barrieren. Das bedeutet:
Barriere in Personalunion mit Verstärkungseffekt: „Die Barriere wirkt in Personalunion als Krankheitsauslöser und Teilhabehindernis. Sie entfaltet dabei eine fortschreitende Wirkung – je mehr Barrieren auftreten, desto schwerwiegender werden die Einschränkungen.“

 

Verschiedene Krankheitsfaktoren und -mechanismen

Verstärkungeffekt durch jede Exposition: Jede Exposition mindert die darauffolgende Auslöseschwelle gegenüber Expositionen.

Kummulation von Schadstoffen

Es kommt zu Kumulationseffekten durch Aufnahme von Stoffen wie

  • lipophile Toxine (chlororganische Verbindungen, Aflatoxine, Lösungsmittel, Pestizide Eiweißzerfallsprodukte und andere)
  • Schwermetalle (Pb, Cd, Hg, Sn, Ni, Cr, Pd, Au, Pt)
  • Korrosionsprodukte aus zahnärztlichen Legierungen und Implantationen

Neurotoxische und immunotoxische Symptome

  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Polyneuropathie bzw. Immunsuppression
  • Infektanfälligkeit
  • Gestörte Freisetzung von Entzündungsmediatioren

Immunreaktion der Lymphozyten

  • Immunreaktionen des Typ-IV: 
    Positiver Lymphozytentransformationstest gegen Schadstoffe
  • Vereinzelte Bildung von immunogenen Strukturen mit körpereigenen Proteinen

Chronische Entzündung

  • Multisystemische Entzündung
  • Überproportionale Ausschüttung von y-IFN, IL-2, IL-10 und NF-KB nach Exposition gegenüber subtoxischen Konzentrationen von viralen Antigenen oder Lösungsmittelgemischen
  • Silent Inflammation 

Genetische Variationen der Entgiftungsysteme

 Enzymsysteme der Phase I und II

  • CytP450-family
  • Aryl-Hydrocarbon-Hydroxylase
  • Monooxigenasen bzw. GST, NAT, UDP-Glukuronidase
  • etc.

Genetische Variationen der Enzymsysteme

Antioxidative Enzymsysteme:

  • SOD
  • GPx
  • GSH-Red.

Erhöhte Produktion von Freien Radikalen

Erniedrigte antioxidative Kapazität des Blutes (GSH, Coenzym, Q10, ß-Caroten, Selen, Albumin erniedrigt)

Erniedrigter Abbau von Freien Radikalen

Erniedrigte antioxidative Kapazität des Blutes (GSH, Coenzym, Q10, ß-Caroten, Selen, Albumin erniedrigt)

Chronischer oxidativer Stress 

durch exogene und endogene Faktoren gekoppelt mit Chemikalienexposition

Mitochondriale Erschöpfung

  • Störung der Energiebereitstellung
  • Erkrankung der Mitochondrien, Gestörte Bereitstellung von ATP 

Erniedrigte Durchblutung des Gehirns

Erniedrigte Glukose-Utilisation 

Erniedrigter Stoffwechsel

  • Verminderte Stoffwechselleistung der Muskulatur
  • Überhöhte Laktatproduktion 

Klarstellungen

MCS ist eine körperliche Beeinträchtigung.

Das Problem ist der Stoffwechsel.

MCS-Betroffene reagieren auf Stoffe.

MCS-Betroffene reagieren NICHT IM ÜBLICHEN SINNE auf Gerüche oder Reize. Jedem Geruch geht ein Stoff voraus. Dieser Stoff ist es, auf den wir reagieren.

Es gibt Stoffe, die keinen Geruch haben. Auch solche geruchlosen Stoffe können unverträglich sein!

Gerüche bewirken sinnvollerweise Abwehr bzw. Flucht - zum Schutz unserer Gesundheit.

Gerüche warnen uns vor gefährlichen Stoffen. Wenn ein Stoff gerochen wird, ist er bereits vom Körper aufgenommen worden.

Gerüche führen deshalb bei uns zu Schmerzen und sinnvoller Weise auch zu Abwehrreaktionen.

Bei MCS führen Stoffe zu schweren Störungen, die nicht zumutbar sind.

Es ist nicht ein “Unwohlsein”, das zugemutet werden kann.

MCS wird verstehbar durch Wissen.

Es macht keinen Sinn, zu erwarten, dass die Erkrankung von außen sichtbar wird.

Die Beschwerden sind unsichtbar. Sie treten zeitverzögert und verborgen auf.

MCS ist eine weit verbreitete Erkrankung

MCS ist KEINE seltene Erkrankung.

Unser Bedarf ist weit verbreitet. 

MCS erfordert Verzicht auf dufthaltige Produkte.

Es macht keinen Sinn, duftfreie Produkte lediglich als eine Ergänzung anzubieten.

MCS wird behandelt von der Fachdisziplin "Klinische Umweltmedizin".

MCS wird nicht behandelt von der Fachdisziplin "Arbeitsmedizin und Hygiene" oder "Hygiene und Umweltmedizin".

Für stoffliche Barrierefreiheit muss auf unverträgliche Stoffe kategorisch verzichtet werden.

  1. Duftstoffe jeder Art sind unverträglich: Einen sicheren Duftstoff gibt es nicht. Es macht keinen Sinn, nach einem Duftstoff zu suchen, der verträglich sein könnte.
  2. Duftstoffe jeder Dosis sind unverträglich, sei sie noch so gering: Es macht keinen Sinn, nach einer "kleinen" Menge von Beduftung zu streben, die verträglich sein könnte.
    Wenige Duftstoffe in der Atemluft sind noch zu viele und bedeuten: Die Atemluft ist nicht sicher und nicht barrierefrei. ABER DENNOCH: Wenige Duftstoffe in der Atemluft sind besser als viele Duftstoffe!
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